Darf ich Euch heute mal was vorspinnen?
Vier Dinge gehen mir durch den Kopf. Vier Dinge, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Vier Dinge, die jedes für sich genommen gross sind, oder grosses Potential haben. Vier Dinge, deren Synthese „für uns“ schwer relevant sein könnte.
Ding 1 — Twitter
Für mich ist Twitter das Social Media Tool. Woran genau das liegt, wissen andere sicher besser als ich, aber mir fallen dabei zwei Stichwörter ein: attention economy und multitasking.
Twitter mit seiner wundervollen Beschränkung auf Kurzes erlaubt mir, jederzeit mal schnell den unendlichen Fundus des Internet anzuzapfen.
Ich gehöre zur Generation Newsgroups, zur Gruppe derer, für die das Internet gross, neu, schön und interessant war, bevor Kommerz dazukam, Überwachung, und andere unschöne Attribute.
Damals war das Internet wirklich primär Kommunikation, und nachdem das vorbei war habe ich es sehr vermisst. Dank Twitter bin ich jetzt wieder in der Lage, die brilliante und chaotische Masse zu geniessen, und das rechne ich Twitter hoch an.
Vor allem kann ich es in kleinen Häppchen tun, jederzeit, und praktisch so lange ich will.
Jetzt gibt es ja viel Kritik an der „attention economy“. Ok.
Wer aber jemals probiert hat, einem Kollegen, Manager oder C-Level Exec etwas zu erklären, der wird vielleicht zustimmen, dass eine gewisse Reduktion auf den Kern hilfreich ist.
Ich stelle jetzt mal so in den Raum, dass so eine Reduktion auf den Kern vielen unserer Erzeugnissen als Analysten auch guttun würde. Neugier wecken. Hinterher braucht man dann Details, klar, aber für den Weckruf nicht.
Ding 2 — Alexa
Ich finde es recht spannend, was zur Zeit zum Thema home automation an Neuem auf den Markt kommt. Vieles davon ist ganz klar Gimmick, aber teilweise ist eine Automatisierung wirklich nützlich.
Gegenwärtig sehe ich das Spektrum von „Alexa – good morning!“ (mache ich jeden Morgen im Büro, woraufhin mir Alexa einen Fakt zum Tag liefert. Komplett useless, aber manchmal nicht uninteressant.) über einen alten Studienfreund, der auf seinem iPhone SMS und Messages grundsätzlich nur über Siri diktiert, bis zur zeitgesteuerten Wärmeregelung im Haus zwecks Energiesparen (Bad morgens und abends vorwärmen, sonst kühl).
Als ich in den 90ern Informatik studierte, war die Motivation durchaus Faulheit. Wenn ein Rechner etwas tun kann, warum sollte ich dann? Und im Umkehrschluss: Lass uns was programmieren, damit wir es nicht tun müssen.
Insofern finde ich schon Siri, „Ok Google“ und eben Alexa toll.
Das Benutzerinterface Sprache halte ich nicht für den nächsten Schritt, versteht mich nicht falsch, aber es ist für viele, kleine Dinge doch ganz cool. Licht im Wohnzimmer vom Sofa aus dank Siri und Philips Hue dimmen ist so direkt, da brauche ich ausser vielleicht einem Beep kein anderes UI.
Auch für „Alexa, what’s the temperature outside now?“ ist Sprache gut geeignet, denn die Antwort ist üblicherweise sehr kurz.
Ich bin jedenfalls gespannt, was die weltweite Entwicklerschaft über die nächsten Jahre an neuen Alexa Skills bereitstellen wird.
Ding 3 — Machine Learning
Mein Kollege John Bates aus dem Product Management spricht seit Jahren bei jedem Summit jeder Gelegenheit über Dinge wie anomaly detection, contribution analysis, attribution modeling, virtual analyst und wie sie alle heissen. Zugrunde liegen all diesen Features und Ideen die Daten in Analytics, gepaart mit allem, was das machine learning so zu bieten hat.
Auch die schon erwähnte Plattform adobe.io geht in die gleiche Richtung, bzw. der Teil davon namens „Sensei“.
Sowenig ich von AI und ML verstehe, so sehe ich trotzdem, dass ein Analyst oft von Datenmengen überwältigt ist, und dass AI & ML da helfen sollten.
Wer schonmal dank anomaly detection auf seiner Site etwas gefunden hat, das es wert war, sich darum zu kümmern, dem hat ML bereits geholfen. Man stelle sich einfach vor, wie bessere Hardware und bessere Algorithmen in Zukunft auch andere Bereiche unserer Arbeit abdecken können.
Das kommt.
Ich stelle mir das so vor, dass Analysten in Zukunft weniger mit Datenmengen konfrontiert sein werden, dafür mehr mit „Hinweisen“ oder „voranalysierten Daten“, d.h. ich erwarte von meinem Analyticstool, dass es mich vor Überlastung schützt und mir stattdessen direkt mitteilt, was wichtig oder bemerkenswert ist.
And I, for one, welcome our new machine overlords.
(Schön:
Off to bed. If squirrels take over in the night, I, for one, welcome our new bushy-tailed scampering overlords, & I know where the nuts are.
— Neil Gaiman (@neilhimself) June 16, 2009
Klammer zu)
Ding 4 — „No Dashboards“
2014 beim DAHub in der Session bei Kyle Keller ging es bereits um Dashboards. Damals war unser Konsens, dass das Thema schwierig ist. Einerseits waren sich keine 2 Teilnehmer einig, was ein Dashboard sein und leisten soll, andererseits fanden wir mehrheitlich die Dinger unsinnig.
Zitat Gary Angel: „if you had 10 minutes with your CEO every Monday, would you tell her the same thing every week?“
Kyle hatte mich damals schwer beeindruckt. Er war Analyst bei der Washington Post, und er hatte dort mit Analytics, dem Report Builder, und einer in liebevoller Kleinarbeit gesammelten Liste von IF-Bedingungen ein „Dashboard“ gebaut, das die komplette Datenlage einer Woche in drei Sätze übersetzt, automatisch.
Sätze!
Der Effekt war, dass ein vormals nie betrachtetes Dashboard durch einen kleinen Textblock ersetzt wurde, der jeden Montag im Standup vorgelesen wurde. Sowas nenne ich einen Erfolg.
Synthese
Zeit für eine Verknüpfung der 4 Dinge.
Der ganze Gedankengang geht zurück auf eine Labsession beim Summit in Las Vegas: L4380 – Turn your digital assistant into a data superhero with Adobe I/O
Ein Teil des Teams, das an adobe.io arbeitet, zeigt in dem Lab, wie man Alexa nutzen kann, um Daten aus Adobe Tools zu ziehen, z.B. aus Analytics.
Das finde ich natürlich extrem interessant!
Reduktion auf kurze Einsichten, wie Twitter und Alexa sie zeigen, oder meinetwegen auch die Apple Watch, sind ein Aspekt neuer Benutzerinterfaces. Für unsere traditonelle Arbeit sind diese Interfaces komplett ungeeignet, sie zeigen aber, wie „Information at your fingertips“ aussehen könnte.
Das halte ich für eine ganz grosse Chance, die Akzeptanz unserer Arbeit zu erhöhen! Einfach immer, überall in der Lage sein, prägnante, relevante Dinge beizusteuern. Das sollten wir leisten, und dahin sollten unsere Tools sich entwickeln.
tl;dr — Twitter ist ein Beispiel dafür, wie die Reduktion auf den Kern helfen kann. Neue Interfaces wie z.B. Sprache (Alexa, Siri, Google) kommen mit ähnlicher Reduktion. Ich sehe das als eine grosse Chance für uns in der Analyse! Lasst uns statt Datenflut lieber darauf hinarbeiten, kurze und prägnante Einsichten zu präsentieren.