Das Problem: Wer neue Besucher auf seine Webseite ziehen möchte, nutzt im Idealfall eine ganze Reihe verschiedener Marketingkanäle: SEM, SEO, Email, Social Media, Banners, Affiliates, …
Mit zunehmender Anzahl Kanäle wird es irgendwann schwierig, den Marketingetat effizient zu verteilen. Insbesondere wenn verschiedene Teams für jeweils einen Kanal zuständig sind, entbrennt oft ein Gerangel darum, wer wieviel vom Etat bekommen soll und wie wichtig jeder Kanal wirklich ist.
Die naheliegende Lösung ist, das Kampagnentracking zu benutzen und es so zu konfigurieren, daß man nach Kanal aufschlüsseln kann. Dieser Ansatz liefert auch in vielen Fällen gute Ergebnisse, vielleicht sogar in den meisten.
Wenn man aber bei der Analyse des Besucherverhaltens feststellt, daß viele oder sogar die meisten Besucher nicht beim ersten Visit konvertieren, dann verfälscht das einfache Kampagnentracking das Ergebnis, weil der Einfluss verschiedener Kanäle nicht gemeinsam gemessen wird, sondern je nach Einstellung der eVar entweder die erste oder die letzte Kampagne „gewinnt“.
Man möchte natürlich darüberhinaus wissen, ob und wieviel die verschiedenen Kampagnen oder Kanäle zusammenspielen.
„Campaign Stacking“
Es ist dann sinnvoll, die Vorgeschichte zu kennen und in die Analyse einzubeziehen.
Paradebeispiel für diese Art von Analyse: wer seine SEM Keywords nach „Brand“ und „Nicht Brand“ unterscheidet wird feststellen, daß beide Gruppen an ganz unterschiedlichen Stellen im „Lebenszyklus eines Besuchers“ wirken.
Beim Analysieren des Zusammenspiels hilft eine Lösung namens „Campaign Stacking“. Die implementiert man in der s_code.js Datei mithilfe eines Plugins namens CrossVisitParticipation, das man sich „bei Consulting bestellen“ kann. CVP ist nicht wie andere Plugins frei verfügbar.
Bei der Implementierung kann man drei wichtige Eckpunkte festlegen:
- Die Lebensdauer eines Wertes in Tagen
- Die maximale Anzahl der Werte im Stack
- Success Event(s) welche(r) die Liste löschen soll [optional]
Die Idee dahinter ist, daß wir nicht mehr als z.B. 5 Werte im Stack haben wollen, daß jeder einzelne Wert nach 30 Tagen vergessen werden sollte, und daß der ganze Stack z.B. bei einem Kauf gelöscht werden soll. Letzteres ist optional, es kann durchaus sinnvoll sein, den Stack auch über einen Kauf hinaus zu behalten.
Das Plugin kümmert sich um 2 Dinge: Es speichert und liest die Werte, und es kann sie in eine conversion variable (eVar) schreiben.
Als Anwender muß man sich hinterher noch darum kümmern, wie man den Report sinnvoll interpretiert. Und das ist auch die größere Herausforderung!
Granularität
Ob sich der Kampagnenstapel mit vertretbarem Aufwand auswerten lässt, hängt stark davon ab, wieviel Detail er liefert.
Wenn man die individuellen Tracking Codes stackt, steht man bei der Auswertung vor dem Problem, daß die individuellen Kombinationen jeweils sehr wenig Einfluß haben. Wenn die einflußreichste Kombination nur für sagen wir 7% des Umsatzes verantwortlich ist, was soll man dann per Optimisierung groß rausholen? 7.2%? Das lohnt sich natürlich nicht.
Deswegen ist es sinnvoll, nach abstrakteren Pattern zu suchen.
Auf Webseiten, auf denen das Channel Manager Plugin einen „Channel“ ermittelt, könnte es sinnvoll sein, anstelle der individuellen Kampagnen den Kanal zu stacken.
Wo genau man ansetzt, ist Geschmackssache. Man kann wie erwähnt schon beim Sammeln der Daten abstrahieren und den Channel stacken. Oder man kann granular tracken und das Abstrahieren und Aggregieren mit SAINT erledigen.Beides erfordert Planung und kommt mit einem gewissen Aufwand.
Den geringeren Aufwand hat man vermutlich, wenn man schon beim Datensammeln abstrahiert. Dann muß man sich im Vorraus überlegen, wie die Abstraktion aussehen soll, und man muß entsprechenden JavaScript Code schreiben, der z.B. auf Basis der Tracking Codes, Referrer oder anderer Werte den abstrakten Wert berechnet und den dann stackt.
Der Teufel steckt natürlich im Detail. Hat man aber einmal das Setup korrekt implementiert und getestet läuft es solange sich seitens Marketing nichts ändert ohne weitere Eingriffe einfach so durch.
Wer stattdessen granular sammelt und später mit SAINT abstrahiert, verlagert den Aufwand. Tracking ist hier unproblematisch und vermutlich dank Kampagnentracking sowieso implementiert. Nur der Aufruf für das CVP Plugin muß eingefügt und eine Variable bereitgestellt werden.
Dafür hat man mehr Aufwand mit SAINT.
Je nach Granularität der Werte und Disziplin bei der Vergabe der Tracking Codes (wir beschränken uns mal auf Tracking Codes, für’s einfachere Verständnis) kann es einfacher oder schwieriger sein, in Excel die nötigen Zuweisungen für SAINT zu machen.
Beispiel: wenn alle Tracking Codes die ich für Emailkampagnen verwende grundsätzlich mit „EM-“ anfangen, ist es recht einfach, ein Makro für Excel zu schreiben, das diesen Tracking Codes im Stack den Kanal „Email“ zuweist.
Grundsätzlich scheint mir der Aufwand überschaubarer zu sein, wenn man schon beim Sammeln abstrahiert. Wo genau der Kompromiss zwischen Aufwand und Granularität liegt, findet man am besten selber heraus.
Analyse
Wonach sollte man suchen?
Meiner Erfahrung nach lohnt sich der Blick auf zwei verschiedene Klassifizierungen des Stacks:
- Stacked Channels – dabei sieht man sich an, welche Kanäle in welcher Reihenfolge Berührungspunkte haben, und welche dieser Stacks wieviel Anteil am Umsatz haben (oder an anderen Events)
- Kanal-spezifische „first/assist/last“ – dabei pickt man sich einen Kanal, z.B. Email, heraus und klassifiziert dann alle gesammelten Stacks in eine von vier Gruppen: „Email war letzter Berührungspunkt“, „Email war erster Berührungspunkt“, „Email war Berührungspunkt irgendwo in der Mitte“, „Email kam im Stack nicht vor“
Die letztere Klassifizierunghat den großen Vorteil daß sie einfach zu lesen und zu verstehen ist.
Was für Erfahrungen haben Sie mit Stacking gemacht? Was sind die größten Stolpersteine?
Hallo Herr Exner, danke für die verständliche Darstellung.
Im Beispiel der Stacked Channels taucht u.a. SEO als Kanal auf. Wenn ich das Stacking nun aber grundsätzlich auf Kampagnenebene tracken möchte, also trackingcode-basiert, schließe ich SEO dann aus oder lässt sich beides praktikabel miteinander verbinden? (SEO im Kampagnenstacking?)
Hallo!
Das läßt sich verbinden, wenn man SEO als Kanal ansieht und das Tracking so auslegt, daß dieser Kanal auch erkannt wird.
Eine Möglichkeit ist, das Channel Manager Plugin zu benutzen, das auch „bei Consulting bestellt“ werden kann.
Man kann sich aber durchaus auch selber mit ein wenig JavaScript behelfen. Es genügt, den Referrer abzufragen und mit einer Liste bekannter Suchmaschinen zu vergleichen. Dazu sieht man dann noch nach, ob kein Tracking Code an der URL ist (denn dann wäre es ja eine bezahlte Kampagne, also SEM).
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